Die Ankunft
Am Morgen erreichen wir Bukarest und als ich, etwas müde, vor allem aber sehr hungrig, auf den Bahnsteig trete, merke ich sofort die brütende Hitze. Es riecht nach Stadt, der Bahnhof ist voller Menschen – endlich bin ich wieder in einer Großstadt. Und was für einer!
Der Check-In in meine Unterkunft ist erst am Nachmittag möglich, weswegen ich meinen Rucksack am Bahnhof abgebe. Meine vorherige Online-Recherche hatte ergeben, dass es Schließfächer gibt. Allerdings ist der Preis horrend, weswegen ich mich lieber für den Raum entscheide, den ein freundlicher Mann bewacht. Da die Geldautomaten mir allerdings keine sinnvollen Geldbeträge auszahlen wollen, muss ich zunächst einen meiner Euroscheine an einer Wechselstube umtauschen. Nachdem ich das Gepäck endlich los bin, entscheide ich mich (falsch!) für den Fußweg in die Stadt. Das Bahnhofsviertel Bukarests lässt allerdings sehr zu wünschen übrig. Wenn man aus Frankfurt kommt, mag das schon was heißen… Neben dem unangenehmen Geruch, Müll und Fäkalien die sich auf der Straße verteilen, sind auch die Fußgängerüberwege über die mehrspurigen Straßen etwas gewöhnungsbedürftig.
Mein erster Tag in Bukarest
Ich bin sehr glücklich, als ich endlich in dem Bereich ankomme, in dem mein auserwähltes Frühstückslokal liegt. Der Stadtteil wirkt mediterran mit dem Hauch des Orients. Seit meinem Aufenthalt in Olomouc in Tschechien habe ich schon nicht mehr außer Haus gefrühstückt. Vielleicht ist das Avocado-Brot und der dazu gereichte Kaffee deswegen außergewöhnlich lecker. Schließlich mache ich mich auf den Weg weiter Richtung Innenstadt und laufe einfach der Nase nach. Die erste rumänisch-orthodoxe Kirche auf die ich stoße, Biserica Kretzulescu, haut mich sofort von den Socken. Wie schön kann eine so kleine Kirche denn sein?


Die angrenzende Hauptstraße, die Calea Victoriei, wird gleichermaßen von Plattenbauten und imposanten Villen gesäumt. Jedes Wochenende wird die große Straße zur Fußgängerzone – das werde ich leider verpassen, da ich nur für ein paar Tage unter der Woche in Bukarest bin. Ich schlendere weiter und besuche die öffentliche World Press Photo Ausstellung auf dem Universitätsplatz. Auf dem großen Platz ist es durch die pralle Sonne leider viel zu heiß. Ohne Sonnenschutz und Cap wäre meine Haut gnadenlos verbrannt. Um die Ecke liegt die Altstadt, die ebenfalls ein sehr kontrastreiches Bild bietet: auf der einen Seite ist alles poliert und touristisch, auf der anderen Seite ist es schmuddelig und unangenehm. Ich bin fasziniert.
Mein Weg führt mich weiter zum Palast des Volkes, dem riesigen Parlamentsgebäude, welches unter der Diktatur Ceaușescus erbaut wurde. Große Teile der Altstadt wurden für den Bau dieses Palasts abgerissen. Ein Besuch des Gebäudes ist nach vorheriger Anmeldung möglich, ich entscheide mich allerdings dagegen.

Stattdessen verbringe ich meinen zweiten Tag mit einem tollen Stadtrundgang zum Kommunismus in Bukarest. Natürlich kommen wir auch hier am Palast des Volkes vorbei und ich erfahre alles aus Sicht eines Locals (die gleichzeitig Historikerin ist!). Zudem gönne ich mir einen rumänischen Dessert, Papanași (dt. Topfenknödel), in dem wunderschönen Caru‘ cu bere. Falls ihr dieses touristische Lokal besuchen wollt, geht auf jeden Fall hinein und setzt Euch nicht auf Terrasse!


Am dritten Tag besuche ich die Villa des Familie Ceaușescus. Die haut einen wirklich um. So pompös, als wäre man im Sommerhaus der Queen. Von der Villa ist es nur ein kleines Stück zum Freilichtmuseum Dimitrie Gusti, welches das bäuerliche Leben Rumäniens anhand traditioneller Häuser darstellen will. Das Museum ist ziemlich weitläufig und überraschend idyllisch. Die Häuser kann man leider größtenteils nur von außen besichtigen, weswegen mir die Ausstellung etwas zu wenig Programm bietet.
Nach drei Tagen habe ich viel über Bukarest – aber auch über Rumänien insgesamt – gelernt. Viele Menschen mit denen ich gesprochen habe, haben sich gefreut, dass ich nur wegen Bukarest in der Stadt bin, da die meisten Westeuropäer*innen sonst nur auf dem Zwischenstopp auf ihrem Weg nach Istanbul hier anhalten. Mir hat es tatsächlich wunderbar gefallen. Bukarest hat unfassbar viele Facetten, ist aber auch sehr groß, laut und von riesigen Hauptstraßen durchzogen. Ich denke, Bukarest ist sehenswert, fordert allerdings auch ein bisschen von seinen Besucher*innen.