Interrail #7 – Timișoara und der Nachtzug nach Bukarest

Dauer der Reise

Timișoara – Bukarest:
etwa 11 Stunden

Alternative Einstiegsmöglichkeiten

Wien
Budapest

Nach meiner abenteuerlichen Reise aus Debrecen, erreiche ich endlich Timișoara im Westen Rumäniens. Ich verbringe eine relativ kurze Nacht im Hostel und mache mich am Morgen auf, die Stadt zu erkunden.

Memorialul Revoluției din Timișoara

Da der Stadtrundgang, den ich eigentlich am Abend machen wollte, ausfällt, habe ich mir für ein paar Euro einen Audioguide auf mein Handy geladen. Tatsächlich ist die Tour ziemlich informativ und es gefällt mir gut, dass ich überall so lange verweilen kann, wie ich es möchte. Ich erfahre einiges über die Stadt und ihre Vergangenheit. Eine tolle Ergänzung ist das Memorialul Revoluției din Timișoara, eine liebevoll gestaltete Ausstellung über dieRumänische Revolution, welche in Timișoara begann und schließlich zum Sturz des kommunistischen Diktators Nicolae Ceaușescu führte.

Neben der spannenden, aber auch ziemlich düsteren, Vergangenheit sprüht die Stadt nur so vor Leben. Timișoara war 2023 Kulturhauptstadt Europas und man spürt es in jedem Winkel der Stadt: Auf den Plätzen finden Ausstellungen von Kunstwerken, alten Bahnwaggons und der Bedeutung der Europäischen Union statt, fantastische Musik wird an jeder Ecke gespielt.

Die Gegensätze der Stadt, ich würde fast sagen des Landes, zeigen sich auch im Stadtbild: Ein ständiger Kontrast zwischen halb zerfallenen Häusern aus der Zeit des Kommunismus direkt neben schick herausgeputzten, bunt gestrichenen Häuschen. Auf dem Piața Victoriei strahlen die renovierten Villen von der einen Seite, während die Häuser auf der anderen Seite von Stahlgerüsten zusammengehalten werden. Netze hängen vor den Fassaden, um vor herunterfallenden Steinen zu schützen. Die Stadt mich in ihren Bann gezogen.

Da ich den Piața Victoriei erwähne, darf ich mein persönliches Highlight der Stadt natürlich nicht vergessen: Die Rumänisch-Orthodoxe Kathedrale „Sfinții Trei Ierarhi“ am Ende des Platzes ist wunderschön und allein schon Grund genug, um sich nach Timișoara zu verirren.

Rumänisch-Orthodoxe Kathedrale in Timișoara
Rumänisch-Orthodoxe Kathedrale in Timișoara

Ich habe einige Stunden herumzubringen, bis spät am Abend mein Nachtzug abfährt. So setze ich mich auf eine der Bänke auf dem Piața Libertății, lausche dem Klavierspiel und picknicke meine letzten Lebensmittel aus Ungarn. Schließlich mache ich mich wieder auf den Weg zum Bahnhof.

Ich bin ziemlich aufgeregt, schließlich ist es meine erste Fahrt mit dem Nachtzug seit langem. Auf dem Bahnsteig ist schon viel Betrieb, überall stehen Familien. Der Zug kommt ca. 10 Minuten vor seiner geplanten Abfahrtszeit. Tatsächlich steht an jeder Tür des Zugs ein Mitarbeiter und unterstütz die aufgeregten Fahrgäste – auch mich – dabei ihren richtigen Wagen zu finden. Ich habe mir rechtzeitig im Voraus einen Platz im Schlafwagen gesichert, was gar nicht so einfach war. Eigentlich ist die Fahrt in den Nachtzügen in Rumänien im Interrail-Pass inkludiert. Allerdings lassen sich die Sitz- und Schlafplätze nur vor Ort an einem Bahnhof reservieren – das war mir zu riskant. Um sicher zu gehen, habe ich also bereits einige Monate im Voraus ein extra Ticket für die Fahrt gebucht. Die Buchung ist über das Online Portal der rumänischen Eisenbahn möglich. Mein Ticket für eine Fahrt im privaten Schlafwagen für eine Person hat umgerechnet knapp 80€ gekostet.

Problemlos finde ich meine Kabine, nach wenigen Minuten klopft der Schaffner für die Ticketkontrolle. Er sagt mir, dass er Bescheid geben wird, eine halbe Stunde bevor wir Bukarest erreichen. Der Zug ist ziemlich alt, meine Koje schon sehr durchgelegen, das Schiebefenster lässt sich nicht mehr richtig schließen, sodass der Lärm des Zugs stets durch das Fenster dringt. Ich finde es fantastisch. Die ersten Stunden meiner Zugfahrt sitze ich nur da und bewundere den Sonnenuntergang. Dann bestaune ich die Sterne. Was für eine tolle Art zu reisen.

Nach oben scrollen